Concert tours

romania 2019 14

Tag Fünf (16. Juli)

Der Burghüter von Honigberg hat heute eigentlich seinen freien Tag. Aber wir haben Glück: Familienintern wurde beschlossen, dass seine Frau den Einkauf alleine macht (worüber er gar nicht so undankbar zu sein scheint), und wir bekommen eine ausgesprochen kurzweilige Führung. Wieder fügen sich ein paar historische Mosaiksteinchen in unser Bild von diesem Land: Die Sicherung der östlichen Grenze gegen Osmanen und andere Völker aus dem Osten begegnet uns immer wieder als das entscheidende Anliegen zur Entwicklung dieses Landstrichs – und es ist faszinierend, wie die militärisch nicht weiter ausgebildeten sächsischen Bauern sich auf diese Gefahren vorbereitet haben. In den Erzählungen des Burghüters werden viele Details lebendig: Der Gestank des Burggrabens, der als Kloake eine Feind-Abwehr der besonderen Art war; der Wehrgang mit Schießscharten und exakt aufeinander abgestimmten Pechnasen; die Dächer, die zur Schadensbegrenzung bei Katapulttreffern voneinander abgesetzt gebaut wurden. Als JJ nach Katzen fragt, kommt das erst mal etwas unmotiviert rüber, aber tatsächlich: Jede Tür hat eine Katzenklappe! Damit man in einer Kirchenburg überleben konnte, mussten schließlich nicht nur die Feinde draußen in Schach gehalten werden, sondern auch Mäuse und anderes Ungeziefer.

63 Belagerungen hat Honigberg gesehen, und kein einziges Mal ist die Burg eingenommen worden. Beeindruckt ziehen wir weiter nach Kronstadt und erleben eine Belagerung anderer Art: Die Stadt ist so voller Autos und Touristen, dass die Parkplatzsuche (noch dazu im Konvoi!) unsere Fahrer ganz schön Nerven kostet. Auf unseren unfreiwilligen Stadtrundfahrten treffen wir aber tatsächlich auch eine Familie aus Greifswald und freuen uns winkend und wedelnd, wie klein die Welt doch ist. Als wir endlich einen (möglicherweise etwas gewagten) Parkplatz gefunden haben, teilen wir uns in die üblichen Neigungsgruppen auf: Die Jugend zieht´s zu KFC, andere in eine Mensa, aus deren reichhaltigem Angebot überraschend viele von uns Leber wählen. Und auch bei den Sehenswürdigkeiten sind die Geschmäcker verschieden: Während die einen in der Schwarzen Kirche die Zunft- und Tugendtafeln studieren und mit Johann darüber diskutieren, ob „Lustigkeit“ auch eine Tugend ist, staunen andere vor allem über eine bislang unbekannte Art der Eiszubereitung. Auf der Jagd nach Ohrringen, Haarreifen oder Ledertaschen finden sich die meisten von uns in der Einkaufsstraße wieder – und werden von einem Anruf von Julia aufgeschreckt: Unser vermeintlicher Parkplatz ist in Wirklichkeit ein Schulhof, und der soll jetzt geschlossen werden! Alle, die greifbar sind, rennen los, schwingen sich in die Kleinbusse und rollen vom Hof. Aber was ist mit denen, die auf eigenen Pfaden unterwegs sind (sprich: mehr Kultur als Shopping) und von diesem Manöver gar nichts mitbekommen haben? Caro und Nicole verwandeln sich wieder in eine Telefonzentrale, und auf verschiedenen kommunikativen Kanälen lotst Peter schließlich alle zu unserer heutigen Konzertkirche im Astra-Viertel.

Wobei…. Ein richtiges Konzert wird es heute gar nicht. Heute sollen wir im Anschluss an einen rumänischsprachigen katholischen Gottesdienst singen, treffen dabei auf mehrere, eigentlich ungarischsprachige Pfarrer und Ministranten und erleben ein Ereignis ganz eigener Art. Wir werden freundlich und ausführlich auf deutsch begrüßt und staunen darüber, wie lange die Gemeinde am Anfang des Gottesdienstes steht. Zwei Lesungen in unterschiedlichen Sprachen, keine Predigt, eine ausführliche Eucharistiefeier und eine Gemeinde, die kräftig und inbrünstig mit der eigentümlich verstärkten Vorsängerstimme mitsingt. Und wie wir mittels unauffälligem Geblinzel in die hinteren Reihen feststellen, wird zwischendurch nicht nur gesessen, sondern auch gekniet. Schließlich gibt der Hauptpfarrer Zeichen: Es ist Zeit, sich aufzustellen und mit ein paar Liedern loszulegen. Die Priester und Ministranten bleiben dabei auf einem Podest hinter dem Chor sitzen, was ein ungewöhnliches Bild abgibt. Die Gemeinde ist schon bei Peters Anmoderation sehr kommunikativ und bleibt es auch während des Konzerts – unsere vier Lieder werden gut aufgenommen, auch die Joshua-Pantomimen und Riverside samt Choreographie. Das Publikum sieht nach Zugabe aus, aber der Pfarrer winkt ab: Jetzt kommt noch etwas anders! Eine Frau aus der Gemeinde tritt nach vorne und singt a cappella ein hochemotionales Marienlied aus Medjugorje.

Mit allerhand gegenseitigen Ständchen wird dieser Abend auch enden, aber vorher warten noch Schnitzel, Salate, Getränke und Süßes auf uns. Und eine warmherzige Einladung, gerne wiederzukommen.

Address and practice room

Gospelkombinat Nordost
Bugenhagenstraße 4
17489 Greifswald

Practice time

Monday, 7:30 – 9:30 pm

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